Die Elektromobilität zählt zu einer der wichtigsten Transformationen der modernen Welt im Kampf gegen die Klimakrise. Da der Transportsektor im Jahr 2020 immer noch rund 20 Prozent der deutschlandweiten Treibhausgasemissionen ausgemacht hat, sind alternative Lösungen essentiell und unumgehbar.
Als eine der größten Hürden bei dem Übergang zur Elektromobilität, wird immer noch der Zugang zu Lademöglichkeiten gesehen. Der in 2022 veröffentlichte EVBox Mobility Monitor zeigte, dass rund 43% der Befragten unsicher sind, ob sie ihr Fahrzeug überall und jederzeit beladen können.
Der Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, gehört somit zu den höchsten Prioritäten bei der Umsetzung der Ziele. Der Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung hat die Ziele für Deutschland klar definiert: Bis 2030 sollen eine Millionen öffentlich-zugängliche Ladepunkte installiert werden, was im Verhältnis zu der angestrebten Anzahl an Elektroautos steht (2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen fahren).
Doch wird bei diesen ambitionierten Plänen auch der Endkunde im Auge behalten? Wie kann sichergestellt werden, dass die Ladestationen so verbraucherfreundlich wie möglich gestaltet werden? Das deutsche Mess- und Eichgesetz soll hier Sicherheit schaffen und eine weitere Hürde beim Kauf beseitigen.
Die Menge erhalten, für die man bezahlt, kann manchmal komplizierter sein, als man denkt. Bei der Obst- und Gemüsewaage im Supermarkt oder beim Eichstrich am Bierglas gestaltet sich das noch ein bisschen einfacher. Schwieriger wird es dann bei Messgeräten, welche beispielsweise in Geschwindigkeitsmessinstrumenten der Polizei oder aber auch Ladestationen für Elektrofahrzeuge integriert sind und sicherstellen, dass ein fairer (Strom-) Handel stattfindet.
Das Mess- und Eichgesetz legt bei rund 150 Messgerät-Arten in Deutschland fest, welche Vorgaben der genauen Messung und Abrechnung erfüllt werden müssen. Somit wird gewährleistet, dass der Verbraucher sowie der jeweilige Anbieter ein faires Geschäft betreiben können und es auch im staatlichen Interesse abgerechnet wird, um die korrekte Berechnung der Steuerbeträge zu gewährleisten.
Das Mess- und Eichrecht ermöglicht es Elektroautofahrer:innen nachzuprüfen, mit wie viel Strom das Elektrofahrzeug geladen wurde und dass sie darauf vertrauen können, dass dieser Wert korrekt gemessen und abgerechnet wurde.
Bei privaten Ladestationen, wie einer Wallbox, rückt die Thematik oftmals in den Hintergrund, da man hier einen genauen Überblick über die eigene Stromabrechnung hat, was bedeutet, dass hier die Gefahr der Manipulation durch Außenstehende wegfällt. Läuft der Ladevorgang allerdings über einen Drittanbieter ab, wie zum Beispiel ein Tankstellenbetreiber:in, verlangt das Mess- und Eichgesetz geeichte Messgeräte, welche den Verbraucher vor Ungenauigkeiten und Manipulation schützen sollen und somit Transparenz im Abrechnungsprozess schaffen. Eine Ladestation, welche nach dem deutschen Mess- und Eichgesetz zertifiziert wird, bekommt also so etwas wie einen komplexeren Eichstrich verpasst, wie man ihn von Biergläsern kennt.
Lange gestaltete sich der Abrechnungsprozess von Anbieter zu Anbieter noch unterschiedlich. Manche verlangten einen Pauschalbetrag, andere rechneten nach Ladezeit ab. Der eigentliche Betrag wurde für die Verbraucher bis dahin meist erst bei dem Blick auf das eigene Konto ersichtlich. Seit April 2019 haben sich die Bedingungen geändert und Ladestationen im öffentlichen und halböffentlichen Raum müssen nach dem Eich- und Messgesetz zertifiziert sein. Durch die Konformität soll ein einheitliches System geschaffen werden, das die Abrechnung nach Kilowattstunden regelt.
Wie bei einer normalen Tankrechnung muss die Quittung für den Ladevorgang aufzeigen, wie viel eine Kilowattstunde aktuell kostet und wie viel Kilowattstunden geladen wurden. Hieraus ergibt sich dann der Gesamtbetrag, welcher für die abgegebene Strommenge gezahlt werden muss.
Einer der wichtigsten Faktoren hierbei ist also die Nachvollziehbarkeit des Stromflusses und der Daten. Aber warum gestaltet sich das so kompliziert?
Bei der Eichrechtkonformität einer Ladestation spielen viele Faktoren eine Rolle. Nicht nur die geeichten Messgeräte müssen zertifiziert sein, sondern es muss auch ein entsprechendes Backend- und Software-Programm geben, welches den Ladeprozess aufzeichnet, abspeichert und die korrekte Messung validiert.
Es muss den Endkunden ermöglicht werden, jederzeit auf die Datensätze der Messung zugreifen zu können und zu schauen, wie viel Strom zu welcher Zeit an welcher Ladesäule verbraucht wurde.
Um die korrekte Aufzeichnung zu gewährleisten, verlangt das Mess- und Eichrecht, dass alle Ladestationen über einen Stromzähler verfügen müssen, der nach der Messgeräterichtlinie zertifiziert ist. Nach der Messung müssen die Messwerte der Ladung verschlüsselt werden, um den Kunden vor einer Datenmanipulation durch Dritte zu schützen. Durch ein geeignetes Backend und Software-Programm können diese Daten gespeichert und an einem späteren Zeitpunkt von einer autorisierten Person entschlüsselt und genutzt werden.
Die eigentliche Messung läuft relativ einfach ab. Es wird die Differenz aus zwei Zählerständen ermittelt, die einmal beim Einstecken und dann wieder beim Abziehen des Kabels erfasst werden. Die Zeit wird hierbei ebenso erfasst, um die Dauer des Ladevorgangs nachvollziehen zu können. Diese Daten werden dann der Nutzer-ID zugeordnet, welche entweder durch die Nutzung einer Ladekarte, Lade-App oder eines RFID-Chips erkannt wird.
Dank der Verschlüsselung aller Messdaten ist ein Zugriff oder die Manipulation durch unbefugte Parteien ausgeschlossen. Zugriff haben also nur Sie selbst, der/die Ladestations-Betreiber:in, welcher Ihr Geld für die Ladung erhält und eventuell eine Roaming-Plattform des Ladestationsherstellers.
Zu der Thematik Mess- und Eichrecht Zertifizierung gibt es gespaltene Meinungen.
Was soll dieses Gesetz für Nachteile mit sich bringen? Es klingt, als würde das Mess- und Eichrecht das Leben aller Beteiligten leichter machen. Oder? Nicht ganz.
Die Zertifizierung benötigt viel Vorbereitung, Zeit und Geld. Teuer wird es dann, wenn eine Ladestation ohne zertifiziertes Messgerät bereits installiert und dann vor Ort nachgerüstet werden muss. Wie das Handelsblatt im August 2021 berichtete, gibt es in Deutschland viele Ladestationen, welche noch nicht dem deutschen Mess- und Eichrecht entsprechen und somit noch auf eine Nachrüstung warten. Dieser Umbau wird die Branche allerdings mehrere Millionen Euro kosten, wie der Tagesspiegel berichtet. Pro Ladestation kommt es hier wohl zu bis zu 2000 EUR zusätzlichen Kosten. Das bedeutet höhere Beträge beim Beladen des Elektroautos für den Endkunden, da die Umrüstungskosten mit hoher Wahrscheinlichkeit weitergereicht werden und mehr Aufwand für den Betreiber der Stationen verursachen.
Ein Faktor sticht allerdings deutlich heraus und lässt alle Nachteile in den Hintergrund rücken – der Verbraucherschutz.
Warum für mehr bezahlen als eigentlich verbraucht? Ist es sicher, dass kein Strom auf dem Weg in das Elektroauto durch die Ladestation verloren gegangen ist? Kann ich dem Ladestations-Betreiber vertrauen?
Um diese Fragen müssen Sie sich nicht mehr sorgen, sobald eine Ladestation einen eichrechtskonformen Zähler eingebaut hat. Und auch wenn der Weg zu einer eichrechtskonformen Ladestation in erster Linie für die Hersteller sehr mühsam ist, wird diese Zertifizierung langfristig Sicherheit und Zuverlässigkeit und zusätzliche Attraktivität für den Anbieter schaffen.